Da ich bis zum 19. April sowieso vorlesungsfreie Zeit hatte und gesund und jung genug bin, um nicht zur Risikogruppe zu gehören, beschloss ich mich auf mehreren lokalen Hilfsportalen anzumelden. Und obwohl sich die Hilfen, die gesucht wurden, hauptsächlich auf Einkäufe oder das Abholen von Medikamenten beschränkten, wichen doch ein paar von der Norm ab. Von zwei Ereignissen möchte ich berichten:
Ein älterer Herr rief mehrmals wegen einzelnen Gegenständen an, die ich oder jemand anderes auch besorgte. Nach dem fünften Besuch innerhalb von zwei Wochen habe ich ihn gefragt, ob man ihm den Einkauf nicht auch einmal wöchentlich bringen könne, da nur zweimal in dieser Zeit Frisches wie Obst oder Gemüse, sondern so etwas wie Wein, Schokolade und Nüsse, was auch haltbar ist, von ihm gewünscht wurde. Es stellte sich heraus, dass der Herr die ganzen weniger verderblichen Sachen nur wollte, damit jemand vorbeikommt und ein paar Worte mit ihm wechselt. Da gerade aufgrund der Epidemie seine Möglichkeiten wegfallen, zum Beispiel in Senior*innenbegegnungsstätten mit Menschen in Kontakt zu treten, sei er einsam. Er erhielt von mir eine Telefonnummer, die Seelsorge leistet, um immer jemanden zum Reden zu haben.
Im zweiten Fall geht es um eine ältere Dame. Sie brauchte allerdings keine Hilfe bei den Einkäufen. In den vergangenen Jahren kam der im Ausland lebende Rest ihrer Familie immer hierher, um gemeinsam das Pessach-Fest (eines der wichtigsten Feste des Judentums) zu feiern. Das war dieses Jahr nicht möglich. Notfallplan: Videokonferenz. Ihr Nachbar stellte seine Internetverbindung zur Verfügung, ich brachte meinen Laptop mit und erklärte ihr, wie sie einem Videoanruf beitrat (mit Probedurchlauf). Am Ende durfte ich sogar an der Feier teilnehmen. Ich nahm die Einladung nach einigem Hin und Her an, damit ich nächsten Tag nicht wegen des Laptops nochmal losmüsse und weil ich aus einem Schüler*innenaustausch ihre Enkelin kannte (daher auch der Kontakt), aber Ende war es ein sehr schöner Abend.