Bezirksbürgermeister Oliver Igel (43) tritt als Spitzenkandidat der SPD am 26. September 2021 erneut an und will weiter die Geschicke im Rathaus lenken. Ein Gespräch über Herausforderungen und Chancen mit der Berliner Woche (veröffentlicht Anfang August).
Herr Igel – „alle guten Dinge sind drei“ oder warum wollen Sie noch einmal Bezirksbürgermeister werden?
Das mit den guten Dingen ist richtig gesagt. Ich will Dinge in diesem Bezirk weiter voranbringen. Wir sind ein beliebter Bezirk, aber wir können noch moderner werden. Eine Vielzahl von neuen Projekten konnte ich auf den Weg bringen, aber nichts geht schnell. Erst musste das Geld besorgt, dann geplant und jetzt muss umgesetzt werden. Und genau das will ich zum Erfolg führen.
Das klingt so, als werde künftig mehr gebaut. Nicht für jeden klingt das positiv.
Das stimmt. Mit Nichtstun in der Kommunalpolitik macht man sich die wenigsten Feinde. Aber das ist nicht mein Anspruch. Ich will eben keinen Stillstand, sondern umfangreiche Modernisierung und Investition in Schulen und Kitas, Jugendfreizeiteinrichtungen und Kiezklubs für Seniorinnen und Senioren, den Ausbau von Grünanlagen und neuen Kleingartenanlagen, Radwege sowie auch den Ausbau von Autostraßen.
Und Wohnungen?
Ein ganz heißes Thema: einerseits haben viele Menschen in der Stadt Sorgen, eine bezahlbare Wohnung zu bekommen oder die eigene zu halten. Ich bin sehr froh darüber, dass wir in einem Bezirk leben, in dem es im Berlinvergleich noch niedrige Mieten gibt. Es wird aber auch viel gebaut, insbesondere von städtischen Wohnungsgesellschaften. Im unmittelbaren Wohnumfeld trifft dies auf erheblichen Widerstand – denn viele sehen durch Neubauten ihre Lebensqualität in Gefahr.
Viele sorgen sich, ob die Infrastruktur mit dem Wohnungsbau mithält. Und sie kritisieren, dass das alles auch nicht im Sinne des Klimaschutzes sein kann.
Das sind zwei Themen, die wir trennen müssen. Richtig ist, dass die Infrastruktur insgesamt weiter ausgebaut werden muss. Dazu zählen nicht nur Schulen, Kitas, Freizeiteinrichtungen, Grünflächen, Geh- und Radwege und Straßen – dazu kommen auch Strom, Wasser, Abwasser und Breitbandverbindungen. Deshalb ärgere ich mich vielleicht einerseits über die langdauernden Baustellen der Wasserbetriebe, freue mich aber, dass etwas getan wird. Und ich will all diese Investitionen weiter möglich machen. Dabei geht es mir darum, dass unser Bezirk leistungsfähig und auch dass die Wirtschaft in Gang bleibt.
Aber verstehen Sie nicht auch im Sinne der Klimaschutzbewegungen, dass es nicht immer höher und weiter gehen kann?
Wir in Treptow-Köpenick tun ja vor allem etwas für das Klima in der gesamten Stadt. Bereits seit Anfang der neunziger Jahre läuft bei uns das Umweltprojekt Lokale Agenda 21. Inzwischen haben wir als erster Bezirk eine Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen. Wir schützen unsere ausgedehnten Grünflächen, Wälder und Gewässer. Neubau schluckt Flächen, das ist so. Aber wir werten Natur in unserem Bezirk auch auf. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir den Berliner Forsten mehr als 7 Hektar Flächen im Bezirk angeboten haben, die wieder Wald werden können. Kein anderer Bezirk kann das.
Ist unser Bezirk nicht auch öfter in den Verkehrsnachrichten zu hören? In der Rubrik Staus?
Es stimmt, dass es an vielen Stellen im Bezirk verkehrlich ziemlich eng ist, insbesondere zu Spitzenzeiten. Ich werde nicht gegen das Auto kämpfen, sondern setze mich für neue Straßen ein. Jedoch muss für alle Verkehrsteilnehmer etwas getan werden: ordentliche Geh- und Radwege, einen besser ausgebauten ÖPNV, aber auch Straßen. Der öffentliche Nahverkehr muss aber einen höheren Stellenwert bekommen. Ich will einen Zehn-Minuten-Takt auf allen Linien und neue Verbindungen.
Nichtstun ist also keine Option für Sie?
Nein, unser Bezirk ist bei den Menschen beliebt. Und ich will mich dafür einsetzen, dass das auch so bleibt – auch wenn ich mal ein kritisches Wort zum Senat sage. Für einen modernen Bezirk muss richtig geackert werden. Und ich freue mich genau darauf, das in den nächsten fünf Jahren anzupacken.
Biografie
Oliver Igel wurde 1978 in Köpenick geboren und studierte an der Freien Universität Berlin Neue Deutsche Literatur, Neuere Geschichte und Politikwissenschaften. Er engagierte sich früh im Ortsverein der SPD und bei den Jusos. Nachdem Igel lange in der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gearbeitet hatte, entschied er sich, der politischen Arbeit weiter nachzugehen und ist seit 1996 Mitglied der SPD, Mitglied der BVV Treptow-Köpenick seit 2001 und Bezirksbürgermeister des Bezirks seit dem Jahr 2011.